BGH, X ZR 64/14 – Datengenerator
BGH, Urteil vom 13. September 2016 – X ZR 64/14 – Datengenerator
Amtliche Leitsätze:
a) Verteidigt der Patentinhaber das Streitpatent im Nichtigkeitsverfahren nur mit bestimmten Anspruchssätzen, rechtfertigt es die vollständige Nichtigerklärung des Patents, wenn es sich in keiner verteidigten Fassung als insgesamt rechtsbeständig erweist. Bei der Prüfung des Begehrens des Patentinhabers darf jedoch nicht am Wortlaut seiner Anträge gehaftet werden, sondern ist vom Gericht das tatsächlich Gewollte zu ermitteln und hierbei das gesamte Vorbringen des Patentinhabers zu berücksichtigen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 – X ZB 6/05, BGHZ 173, 47 – Informationsübermittlungsverfahren II).
b) Stellt der Patentinhaber einen Anspruchssatz zur Entscheidung, der nebengeordnete Ansprüche enthält, die nicht nur wegen unterschiedlicher Anspruchskategorien in einem Nebenordnungsverhältnis stehen, sondern sachlich unterschiedliche Lösungen enthalten, liegt die Annahme regelmäßig fern, der Patentinhaber wolle auch die übrigen Patentansprüche nicht verteidigen, falls sich der Gegenstand nur eines dieser Ansprüche als nicht patentfähig oder ein Anspruch aus anderen Gründen als nicht zulässig oder nicht rechtsbeständig erweise.
Aus der Urteilsbegründung:
Der Senat hat zugleich aber auch darauf hingewiesen, dass bei der Prüfung des Begehrens des Patentinhabers – wie stets – nicht am Wortlaut seiner Anträge gehaftet werden darf, sondern das tatsächlich Gewollte zu ermitteln und zu dessen Ermittlung das gesamte Vorbringen des Patentinhabers zu berücksichtigen ist (BGHZ 173, 47 Rn. 23 Informationsübermittlungsverfahren II). Insbesondere wenn der Patentinhaber einen Anspruchssatz verteidigt, der nebengeordnete Ansprüche enthält, die nicht nur wegen unterschiedlicher Anspruchskategorien in einem Nebenordnungsverhältnis stehen, sondern sachlich unterschiedliche Lösungen enthalten, liegt die Annahme regelmäßig fern, der Patentinhaber wolle, erweise sich der Gegenstand nur eines dieser Ansprüche als nicht patentfähig oder ein Anspruch aus anderen Gründen als nicht zulässig oder nicht rechtsbeständig, auch die übrigen Patentansprüche nicht verteidigen. Denn im Allgemeinen widerspräche dies dem Interesse des Patentinhabers, von seinem Schutzrecht nicht mehr aufzugeben, als nach der Sach- und Rechtslage geboten. Hat der Patentinhaber – wie im Streitfall – hilfsweise weitere beschränkte Anspruchssätze zur Entscheidung gestellt, ist regelmäßig – etwa durch Erörterung in der mündlichen Verhandlung – aufzuklären, in welchem Verhältnis diese Hilfsanträge zu einem nicht ausdrücklich formulierten Petitum stehen sollen, einem formal vorrangigen Antrag nur teilweise zu entsprechen. Dies hat das Patentgericht verfahrensfehlerhaft unterlassen.