BGH X ZR 112/13 (Teilreflektierende Folie) – Wirksame Priorität
In der Entscheidung BGH, Urteil v. 15.09.2015 – X ZR 112/13 – Teilreflektierende Folie befasste sich der X. Senat unter anderem mit der für eine wirksame Inanspruchnahme der Priorität erforderlichen Erfindungsidentität und dem Offenbarungsgehalt der Prioritätsanmeldung. Der Leitsatz wurde bereits früher in diesem Blog berichtet.
Der Patentanspruch des mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Patents wies das Merkmal einer Folie mit einer Fläche von mindestens 3 m mal 4 m auf. Das Bundespatentgericht hatte die Auffassung vertreten, dass dieses Merkmal in der Prioritätsanmeldung nicht offenbart sei und es mithin an der für die Wirksamkeit des Prioritätsrechts erforderlichen Erfindungsidentität fehle. Das Merkmal der Folienfläche von mindestens 3 m mal 4 m war in der Beschreibung und den Ansprüchen der Prioritätsanmeldung nicht wörtlich offenbart. Jedoch vermochte der erkennende X. Senat in der Entscheidung BGH, Urteil v. 15.09.2015, X ZR 112/13 – Teilreflektierende Folie einer – nüchtern betrachtet doch eher schematisch anmutenden – Figur der Prioritätsanmeldung das Merkmal zu entnehmen, dass die Fläche der Folie Abmessungen von mindestens 3 m mal 4 m aufweist. Die erforderliche Erfindungsidentität war somit gegeben.
Auch wenn in einigen Entscheidungen des X. Senats (siehe beispielsweise BGH, Urteil v. 17.02.2015 – X ZR 161/12 – Wundbehandlungsvorrichtun) die Grenzen der im Vergleich zu den Beschwerdekammern des EPA großzügigeren Maßstäbe des Offenbarungsbegriffs in der BGH-Rechtsprechung deutlich wurden, veranschaulicht diese jüngste Entscheidung zum Offenbarungsgehalt (hier: der Prioritätsanmeldung), dass auch eine einzige Figur im Einzelfall eine ausreichende Offenbarung für die Grenzen eines beanspruchten Bereichs bieten kann.