Neues zum nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster
Die Klärung vieler offener Fragen zum nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster dürfte zu erwarten sein, wenn der EuGH die Vorlagefragen beantwortet, die der I. Zivilsenat des BGH in dem Vorlagebeschluss I ZR 71/10 – Gartenpavillon vom 16. August 2012 vorgelegt hat.
Die Vorlagefragen betreffen:
– Die Voraussetzungen für das Entstehen des Schutzes des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters (Art. 11 GGV) (Vorlagefrage 1). Dabei geht es insbesondere darum, ob die Verteilung von Abbildungen des Klagemusters an Händler, Zwischenhändler und Einkaufsverbände in bestimmtem Umfang für die Entstehung eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters ausreicht.
– Der Umfang des Formenschatzes nach Art. 7 Abs. 1 GGV. Konkret geht es im Streitfall um die Frage, ob die Ausstellung eines Musters in einem Ausstellungsraum in China oder die Zusendung des Musters an einen einzelnen Händler in der EU ausreicht, dass dieses Muster dem Klagemuster als neuheitsschädlicher Formenschatz entgegensteht. Allerdings ist fraglich, ob der EuGH auf die sehr breite Vorlagefrage 2 hin sehr erhellende und für die Praxis hilfreiche Antworten gibt, die über eine Wiedergabe des Gesetzestextes und den Hinweis, dass die entsprechenden Feststellung den Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichten obliegen, hinausgehen wird.
– Die Beweislast für das Vorliegen einer Nachahmung (Art. 19 GGV) (Vorlagefrage 3). In der Literatur wird bislang häufig die Auffassung vertreten, dass – ähnlich wie in der BGH-Rechtsprechung zum Nachahmungsschutz unter altem Geschmacksmusterrecht – eine Beweislastumkehr zugunsten des Schutzrechtsinhabers zu bejahen sein kann, wenn Klagemuster und angegriffenes Muster im Wesentlichen identisch sind.
– Verjährung und Verwirkung des Unterlassungsanspruchs aus dem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Vorlagefragen 4 und 5). Nach dem Wortlaut der GGV käme nach Art. 88 Abs. 2 GGV i.V.m. Art. 8, Art. 15 h) Rom-II-VO für die Verjährungsvorschriften die Anwendung des Rechts der jeweiligen Mitgliedsstaaten in Betracht. Unter Hinweis auf der EuGH-Rechtsprechung zur Gemeinschaftsmarke (EuGH, C-316/05, Nokia) zieht der BGH jedoch nur eine einheitliche Verjährungsvorschrift für das gesamte Unionsgebiet in Betracht.
– Maßgebliches Recht für unionsweit geltend gemachte Vernichtungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche (Vorlagefrage 6). Vorgelegt wird die Frage, ob für derartige Ansprüche auf die Rechtsordnung der jeweiligen Mitgliedsstaaten abzustellen ist, für deren Bereich die Ansprüche geltend gemacht werden.