In der Kürze liegt die Würze – EuGH zu Wortmarken aus Wortfolge und Akronym
Der EuGH hat in seinem Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-90/11 („Multi Market Funds MMF“) und C-91/11 („NAI – Der Natur-Aktien-Index“) (veröffentlicht in GRUR 2012, 616) die Vorlagefragen des BPatG zur Unterscheidungskraft von Wortmarken beantwortet, bei denen eine unterscheidungskräftige Buchstabenfolge von einer (beschreibenden) Wortfolge begleitet wird, deren Anfangsbuchstaben die Buchstabenfolge darstellt.
Teilweise war – gerade von Beschwerdekammern des HABM (z.B. in HABM, Vierte Beschwerdekammer, R 1630/2008-4) – die Auffassung vertreten worden, die Hinzufügung einer (nicht unterscheidungskräftigen) Wortfolge zu einem (an sich unterscheidungskräftigen) Akronym könnte der Marke in ihrer Gesamtheit nicht die Unterscheidungskraft nehmen, die das Akronym hat. Der Markeninhaber sei nicht gehindert, einem schutzfähigen Bestandteil erläuternde Angaben hinzuzufügen (vgl. auch Vorlageentscheidung BPatG Mitt. 2011, 250, 252).
Der EuGH hat hingegen nunmehr entschieden, dass eine derartige Hinzufügung einer (nicht unterscheidungskräftigen) Wortfolge zu einem unterscheidungskräftigen Akronym, die dieses als Abkürzung der Anfangsbuchstaben erläutert, der Unterscheidungskraft des Gesamtzeichens entgegenstehen kann.
So führt der EuGH in Rz. 36-38 des Urteils aus:
„Die bloße Aneinanderreihung einer Buchstabenfolge als Abkürzung und einer Wortkombination ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung kann vielmehr zu einem sprachlichen Ausdruck führen, der ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der in Rede stehenden Dienstleistungen dienen können … Wenn außerdem – wie das vorlegende Gericht zu verstehen gibt – die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Buchstabenfolgen von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Abkürzungen der Wortkombinationen, mit denen sie zusammengefügt sind, wahrgenommen werden, können diese Buchstabenfolgen selbst dann nicht über die Summe der Bestandteile der Marke in ihrer Gesamtheit hinausgehen, wenn die Buchstabenfolgen selbst als unterscheidungskräftig angesehen werden können. Wie der Generalanwalt in Nr. 56 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, nimmt vielmehr die Buchstabenfolge, die die Anfangsbuchstaben der die Wortkombination bildenden Wörter wiedergibt, im Verhältnis zu dieser Wortkombination nur eine akzessorische Stellung ein. Wie das vorlegende Gericht zu verstehen gibt, kann jede der betreffenden Buchstabenfolgen, auch wenn sie bei isolierter Betrachtung nicht beschreibend ist, aufgrund ihrer Kombination innerhalb der in Rede stehenden Marke mit einem Hauptausdruck, der als solcher beschreibend ist und als dessen Abkürzung die Buchstabenfolge wahrgenommen wird, einen beschreibenden Charakter annehmen.“
Ein Markenanmelder wird somit gut beraten sein, eine Buchstabenfolge, die aus den Anfangsbuchstaben einer nicht unterscheidungskräftigen Wortfolge besteht, isoliert und ohne Erläuterung durch die Wortfolge als Marke anzumelden. Das wird zwar dann nicht behilflich sein, wenn auch das Akronym nicht unterscheidungskräftig ist. Jedoch wird der Anmelder dadurch in denjenigen Fällen seine Chancen auf Eintragung einer Marke erhöhen, in denen die Buchstabenfolge an sich in keinem erkennbaren Zusammenhang zu den Waren oder Dienstleistungen steht und/oder so vieldeutig ist, dass sie – isoliert betrachtet – unterscheidungskräftig ist.