BGH, I ZR 59/10 – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät
BGH, Urteil vom 30. November 2011 – I ZR 59/10- PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät
Amtliche Leitsätze:
Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass sämtliche PCs mit eingebauter Festplatte, die in den Jahren 2002 bis 2005 in Verkehr gebracht wurden, im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG aF dazu geeignet und bestimmt waren, Bild- und Tonaufzeichnungen vorzunehmen.
Für die Frage, ob PCs mit eingebauter Festplatte im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG aF zur Vornahme von Bild- und Tonaufzeichnungen geeignet und bestimmt sind, kommt es nicht darauf an, ob sie bereits mit den dafür erforderlichen Zusatzgeräten wie TV- oder Audio-Karten ausgestattet sind.
Soweit PCs als Multifunktionsgeräte bestimmungsgemäß nicht nur für Bild- und Tonaufzeichnungen, sondern auch zu anderen Zwecken genutzt werden können, ist dies für die Vergütungspflicht nach § 54 Abs. 1 UrhG aF selbst dann unerheblich, wenn die Nutzung der anderen Funktionen überwiegen sollte.
Der Abschluss von Gesamtverträgen mit dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) über die Vergütung von CD-Brennern und DVD-Brennern steht einem Vergütungsanspruch für PCs mit eingebauter Festplatte nach § 54 Abs. 1 UrhG aF nicht entgegen.
Soweit PCs für Vervielfältigungen im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG aF zum Privatgebrauch nach § 53 Abs. 1 UrhG aF geeignet und bestimmt sind, besteht auch bei einer Überlassung an Geschäftskunden die Vermutung, dass sie tatsächlich für solche Vervielfältigungen verwendet werden. Dabei handelt es sich allerdings um eine widerlegliche Vermutung; sie kann durch den Nachweis entkräftet werden, dass nach dem normalen Gang der Dinge eine Verwendung dieser PCs für die Erstellung privater Kopien über einen geringen Umfang hinaus unwahrscheinlich ist.
Aus der Urteilsbegründung:
Es hat zwar festgestellt, dass die Beklagte im Jahr 2003 zumindest 2% und in den Jahren 2004 und 2005 jeweils etwa 3% ihrer PCs mit TV-Karten ausgerüstet hatte und dass im fraglichen Zeitraum mit von der Beklagten in Verkehr gebrachten PCs über TV-Karten auch Bild- oder Tonaufzeichnungen vorgenommen wurden. Diesen Feststellungen ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sämtliche Modelle oder welche Modelle der von der Beklagten in Verkehr gebrachten PCs als Vervielfältigungsgeräte im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG aF genutzt werden konnten.