Erfinderische Tätigkeit – BGH Elektronenstrahltherapiesystem
Das Urteil in der Rechtssache BGH X ZR 88/09 – Elektronenstrahltherapiesystem ruft neben der zum Leitsatz erhobenen Aussage zum Nichtnaheliegen eine Vielzahl wichtiger Grundsätze für die Anspruchsauslegung und Prüfung der erfinderischen Tätigkeit ins Gedächtnis:
– Die Formulierung einer objektiven Aufgabe, die schon Hinweise auf die beanspruchte Lösung beinhaltet (wie sie im vorliegenden Fall vom BPatG formuliert wurde), ist unzulässig (Rz. 12).
– Zweckangaben sind auch in Vorrichtungsansprüchen nicht schlichtweg unbeachtlich (Rz. 17). Das ist zwar vom BGH bereits mehrfach in aller Deutlichkeit ausgeführt worden (z.B. in „Heuwerbungsmaschine II“, „Luftabscheider für Milchsammelanlage“ oder – im Bestandsverfahren – in der Entscheidung „Bauschalungsstütze“), wird aber jedenfalls von vielen Prüfern am DPMA unter Verweis auf eine etwas missverständliche Formulierung in der Kommentierung von Schulte immer noch anders gesehen.
– Allein die Tatsache, dass eine mobile Ausgestaltung eines Geräts für den Fachmann wünschenswert erscheint, führt noch nicht zum Naheliegen einer solchen Ausgestaltung (Leitsatz; Rz. 45-46). Auch das (breite) Merkmal der „Mobilität“ eines Behandlungsgeräts kann den Kern einer erfinderischen Lehre ausmachen, wenn erstmals offenbart wird, durch welche Merkmale die Mobilität erreicht werden kann. Die Aufnahme der entsprechenden konstruktiven Merkmale der offenbarten Ausführungsform in den Anspruch ist dann nicht unbedingt erforderlich.
Es bleibt zu hoffen, dass dieses Urteil auf eine aufgeschlossene Leserschaft trifft und auch in der amtlichen Praxis Niederschlag findet.