BGH, I ZR 55/10 – METRO/ROLLER’s Metro: zur Branchennähe, Kennzeichnungskraft und Prägetheorie
BGH, Urteil vom 22. März 2012 – I ZR 55/10 – METRO/ROLLER’s Metro
Amtlicher Leitsatz:
Zwischen Fachhandel und Cash&Carry-Märkten als Formen des Vertriebs an Gewerbetreibende besteht eine beträchtliche Branchennähe.
Aus der Urteilsbegründung:
Für die Beurteilung der Branchennähe kommt es in erster Linie auf die Produktbereiche und Arbeitsgebiete an, die nach der Verkehrsauffassung typisch für die Parteien sind. Anhaltspunkte für eine Branchennähe können Berührungspunkte der Waren oder Dienstleistungen der Unternehmen auf den Märkten sowie Gemeinsamkeiten der Vertriebswege und der Verwendbarkeit der Produkte und Dienstleistungen sein. In die Beurteilung einzubeziehen sind naheliegende und nicht nur theoretische Ausweitungen der Tätigkeitsbereiche der Parteien. Im Einzelfall können auch Überschneidungen in Randbereichen der Unternehmenstätigkeiten zu berücksichtigen sein (BGH, Urteil vom 20. Ja-nuar 2011 I ZR 10/09, GRUR 2011, 831 Rn. 23 = WRP 2011, 1174 BCC, mwN).
Die Kennzeichnungskraft einer Firmenbezeichnung wird durch den Grad der Eignung des Zeichens bestimmt, sich auf Grund seiner Eigenart und seines durch Benutzung erlangten Bekanntheitsgrades dem Verkehr als Name des Unternehmensträgers einzuprägen (BGH, Urteil vom 21. Februar 2002 I ZR 230/99, GRUR 2002, 898, 890 = WRP 2002, 1066 defacto).
Für die Bestimmung des Grades der Kennzeichnungskraft kommt es bei einem Unternehmenskennzeichen deshalb anders als bei der Marke darauf an, ob der Verkehr das fragliche Kennzeichen nicht nur einem bestimmten, sondern gerade dem Unternehmen zuordnet, das für diese Bezeichnung Schutz beansprucht (BGH, Urteil vom 27. November 2003 I ZR 79/01, GRUR 2004, 514, 516 = WRP 2004, 758 Telekom).
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen (BGH, Urteil vom 10. Juni 2009 I ZR 34/07, GRUR-RR 2010, 205 Rn. 37 Haus & Grund IV, mwN). Das schließt es nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2005 C120/04, Slg. 2005, I-8551 = GRUR 2005, 1042 Rn. 28 f. = WRP 2005, 1505 THOMSON LIFE; BGH, Beschluss vom 11. Mai. 2006 I ZB 28/04, BGHZ 167, 322 Rn. 18 Malteserkreuz I).