BGH, Xa ZR 74/09 – Nabenschaltung II: Übersetzungsfehler bei einem europäischen Patent
BGH, Urteil vom 18. März 2010 – Xa ZR 74/09 – Nabenschaltung II
Amtlicher Leitsatz:
Hat der Patentinhaber fristgerecht eine Übersetzung des nicht in deutscher Sprache veröffentlichten europäischen Patents eingereicht, findet Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜbkG keine Anwendung und bleibt es auch dann beim Eintritt der gesetzlichen Wirkungen des Patents für die Bundesrepublik Deutschland, wenn die Übersetzung Auslassungen aufweist. Solche Auslassungen sind grundsätzlich als Fehler der Übersetzung anzusehen, deren Rechtsfolgen sich nach Art. II § 3 Abs. 4 und 5 IntPatÜbkG bestimmen.
Aus der Urteilsbegründung:
Sowohl im Fall einer unvollständigen als auch im Fall einer fehlerhaften Übersetzung wird der Zweck der Norm, die interessierte Öffentlichkeit zu informieren, nicht in vollem Umfang erreicht. Sowohl im einen wie im anderen Fall kann der Patentschrift die Information über die technische Lehre des Streitpatents nicht vollständig und zweifelsfrei entnommen werden. Ob dieser Mangel auf Fehlern oder auf Auslassungen beruht, spielt dabei gemessen an Sinn und Zweck der Regelung keine entscheidende Rolle. Auslassungen beeinträchtigen grundsätzlich das Informationsinteresse auch nicht stärker als sinnentstellende Übersetzungen. Auch wenn eine Übersetzung in wesentlichen Teilen fehlerhaft ist, kann eine berichtigte Übersetzung nachgereicht werden. Dies trägt nach dem Willen des Gesetzgebers den Interessen der Beteiligten hinreichend Rechnung. Entscheidend ist dabei nicht, wie umfangreich die Fehler sind und ob sie inhaltlich für das Verständnis bedeutsam sind. Dies würde eine Prüfung im Einzelfall voraussetzen, die der Gesetzgeber nicht als maßgeblich angesehen hat. Können aber selbst inhaltlich schwerwiegende Mängel durch Einreichung einer Berichtigung geheilt werden, so kann nichts anderes für Auslassungen gelten, die ebenso wie die Fehlerhaftigkeit die Kenntnisnahme vom Inhalt der Patentschrift erschweren. Zudem lässt sich in Grenzfällen, wie bei dem Fehlen einzelner Wörter oder Halbsätze einerseits und einer grob sinnentstellenden Wiedergabe des englisch- oder französischsprachigen Textes andererseits eine klare Grenze zwischen Fehlern des Textes und Auslassungen im Text kaum ziehen.
Dem Erfordernis der Rechtssicherheit ist dadurch Rechnung getragen, dass maßgeblich die Patentansprüche in der Verfahrenssprache bleiben. Den im Einzelfall darüber hinaus bestehenden Belangen des Vertrauensschutzes für denjenigen, der auf eine fehlerhafte oder unvollständige Übersetzung vertraut und hierdurch eine fehlerhafte Vorstellung vom Gegenstand oder Schutzbereich des Patents gewonnen hat, hat der Gesetzgeber durch die Einräumung eines Weiterbenutzungsrechts Rechnung getragen. Dies stellt für den Fall einer fehlerhaften wie für den Fall einer nicht vollständigen Information über den Gegenstand des Patents gleichermaßen einen angemessenen Ausgleich der widerstreitenden Interessen dar.